Seewald Susanne - TheoArt-komparativ

SUSANNE SEEWALD: HEIMSEH[N]EN

 

Vorwort


Susanne Seewald schenkt uns sprachträumend und traumsprechend ihr neues Buch. Es ist ein Echolot. Hierzu lädt sie Gäste ein, wie Jandl, ihren wohl ergiebigsten Dialogpartner, Buber, Hesse, Kothgasser, Sedmak, Schmid, Türcke.
Heimat sehen und sich nach Heimat sehnen: Ersteres tat Mose. Er durfte aus der „Enge“ (aus Ägypten) in das „Gelobte Land“ führen, es selbst aber nicht sehen. Seine Sehnsucht endete tödlich infolge der Übersiedelung in eine andere Heimat, in eine ewige. Er überlebte mit dem letzten irdischen Blick, dem Blick in das Gelobte Land von Milch und Honig. Eigentlich war es sein zweites Überleben.
Das erste? Nun, er war ja der, der in einem Körbchen als Kindlein „gestrandet“ und aufgefunden war. Das war sein erstes Überleben. Ist „Heimat sehen“ im sich nach Heimat Sehnen eine Überlebenskunst?
Jean Améry sah die Ambivalenz „Heimat“ als Exilant in Brüssel. Heimatlich haben sie gesprochen, heimeliges Deutsch, sie, die auf ihren Kappen den SSTotenkopf trugen ... und auf der Suche nach Untergetauchten waren.
Ja: Man muss, darf ... überleben auf der Heimatsuche: Von Mose bis hin zu Jean Améry. Diesem Leben, diesem Eintauchen, Auftauchen nachzuspüren hilft Susanne Seewald Spuren legen.kollidiert. Dann, wenn die Ambivalenz zwischen dem Land des Lebens und dem (Un-)endlichen, dem, so scheint es, Unerreichbaren, ja „Verbotenen Land“, sich in ständigen Schmerz zu verwandeln scheint.
Ernst Jandl ist einer, der Seewald Stimme leiht und dem sie in Zitaten Stimme gibt. Er ist nur einer unter vielen, der das Sehen und Sehnen in allen Brüchen, in allen Auf- und Niederbrüchen kennt und uns wissen lässt, wem er dabei gedenkt. Es ist Jean Améry. Über Seewald erfahren wir es.
Seewald schreibt musikalisch, und wer Texte nicht melodisch vom Wiegenlied bis zum alttestamentlichen Klagelied eines Jeremias lesen, besser gesagt, taub wie stumm hören kann, wird sich schwer tun. Wer aber Sprache sehend zu sprechen versteht und gebärend-gebärdend zu komponieren versteht, dem mag sich etwas erschließen. Was? Die Länge? Wovon? Eines Weges.
Der Weg zur Heimat ist lang. Immer wieder lässt Susanne Seewald illustrativ ein Zitatenschiffchen auf ihrem Webstuhl sausen: wie zum Beispiel aus Wilhelm Schmids Buch Unglücklichsein. Eine Ermutigung.
Dieser Weg reicht nun von der Matrix (wir alle sind samenväterlich-gebärmütterlich Töchter- und Söhneabzüge) bis hin zu einem Ort, von dem wir intellektuell nichts wissen – von dem wir aber überlebenslang ein Ahnen spüren. Wir haben keine Ahnung. Aber: eine Ahnung!

Was ahnen wir denn auf dem Wege? Wohl ein Zwischen (Martin Buber) und wir ahnen, schon deutlicher, die Lebenspole bis hin zum heilig-verfluchten (die Lateiner brauchten dafür nur ein Wort: „sacer“) Heimatland.
Wir wissen (und ahnen schon nicht mehr) mitunter um Paradieseswüsteneien, spüren Fluch und sehnsüchtige Hingabe in aller Icheinsamkeit (Ferdinand Ebner) und in aller bang-zärtlichen Hingabe. Dieser Hingabe eingedenk zitiert die Autorin Jandl, wenn er über „Wörter“ als solche spricht, und zwar in einer der Bibel entlehnten Form:

doch was dem geringsten
von ihnen
angetan
kann sein

Man kann es gläubig oder ungläubig lesen: Wort „ist“. Und weil es so ist und Wort zur Welt kommt, verdient es das Mitleiden und Mithoffen, verdient es Schutz und ein wenig Heimat in unheimeligen Zeiten.
In Tehuacán sah ich auf einer Malerei ein Wortkind, das gerade den Muttermund verlassen hat. Die Geburtsfäden hängen noch an ihm. Jetzt ist es da. Ist von mir und doch schon nicht mehr von mir. Aber auch abgenabelt wird es mein Kind bleiben. Wo? Seewald lädt ein, es zu suchen. Ein Herbergssuchen.
Susanne Seewald findet den „Nicht-Ort Heimat“ auch im Erinnern und Spielen. Heimatsuche also: eine Herbergssuche?
Nikolaus von Kues schuf ein „Spiel der Welt“. Es erinnert, allerdings nur auf den ersten vieler Blicke, an Boccia. Eine Kugel soll – wie anders? – in ein Zentrum treffen. Welches nun? Dem frommen Philosophen war es vor nahezu 600 Jahren klar. Indes: Der Cusaner, Latinisierungen waren damals „in“, machte es zeitlos gültig: Die Kugel hat eine Delle.

Was ist nun Heimat? Weltenspiel?
Wo bin dann „Ich“?
Wo wäre ein Ziel? Wo die Kugel, wo die Delle? Wo mögliche Mitspieler?

Ob Mose etwas von der Delle ahnte, lange vor Sigmund Freud? In der Nacht träumen wir davon – vom Körbchen am Nil, dem Körbchen in Gefahr, vom Körbchen auf Herbergssuche inmitten von Wellen. Träumen von der „Enge“, dem Ägypten, vom Exodus, vom Ausbruch, vom Gelobten und Angelobten und doch nie Betretenen ... vom Pilgern durch die Wüste ... vom Sterben im Sehnsuchtsblick, damit es dem Anderen gut ergehe ... von der Selbstlosigkeit als der einzigen Liebesbezeugung. Doch vorher gibt‘s Bürgerkrieg. Vierzig Jahre schon träumen wir und der Kopfpolster, der daunenbezogene Stein zur Weisheit, hat eine Delle! Unser aller Passform.

Peter Stöger
im Dezember 2014

 

 

Für Peter Seewald

 

„All dies Sehnen, Suchen, Hoffen,
dem Nicht-Ort Ort zu geben in jener Bleibe,
die wir ‚Welt‘ nennen, ist Grundstein so vieler
Literatur, so vieler Gesänge, ist Grundstein der Liturgien.“


Grundstein:
„Wir finden ihn in dem ‚Etwas‘, das sich Heimat nennt,
in dem ‚Etwas‘, das mir Gast ist und dem ich Gast bin.“
(Peter Stöger)

 

 

„Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung,
die der Reisende nicht ahnt.“
(Martin Buber)

 

 

Schlink:
„Heimat ist ein Ort nicht als der, der er ist,
sondern als der, der er nicht ist.“

Joisten:
„Der Mensch ist der Tendenz seines Wesens nach
auf sein Beheimaten ausgerichtet […]“

Schlink:
„Am intensivsten wird [Heimat] erlebt,
wenn man weg ist und sie einem fehlt;
das eigentliche Heimatgefühl ist das Heimweh.
Aber auch wenn man nicht weg ist,
nährt sich das Heimatgefühl aus Fehlendem,
aus dem, was nicht mehr oder auch noch nicht ist.“

Joisten:
„[…] ist also
emotional, sensitiv, volitiv und rational als
Heim-zum-Raum, -zur-Zeit, -zum-Mitmenschen,
und dadurch zu all dem, was Heimat meint.“

Schlink:
„Dabei kann das Bild der Heimat
fantastischer oder realistischer sein und
den Ort mehr erfassen, wie er heute ist,
und mehr, wie er gestern war.“

Joisten:
„Wir bewegen uns nicht nur in uns selbst
innerhalb unseres Horizontes,
den es lebenslang zu verschieben gilt, sondern
wir leben auch räumlich innerhalb von
Markierungen, Wegweisern und Grenzen.“

Schlink:
„Heimat ist ein Nichtort, […]
Heimat ist Utopie.“

 

 

Türcke:
„Der Traum ‚spricht‘,
aber
die Sprache ‚träumt‘
auch.“
(Heimat. Eine Rehabilitation)

 

 

Zum Auftakt mit einem
Anstoß:
den Stein des Anstoßes
abstoßen –

 


H E I M S E H [N] E N

 

 

Am Anfangspunkt angesetzt.
Spur Weg spürbar.
‘s ist zum Heimischwerden.
Dann:

Jandl:
„mir ist der weg zum ort verwehrt
wo mich die welt mir selbst beschert
das ist nicht deutlich ausgedrückt
ich kann auch sagen: nicht geglückt
ihr könnt auch sagen: ganz verrückt“
(erste notiz vom 17.10.78, dem todestag von jean améry)

Da:
Spur Weg im Weg.
Spur Weg weg.
Spur los, weg.
Weglos!
Weg frei?
Da!

Jandl:
„ich klage gern au weh au weh
als ob auf meinem fuß wer steh
vielleicht steht auch wirklich wer drauf
denn ich lauf nicht mehr
ich geh nicht mehr
ein weg bleibt leer
ich sag nicht daß es meiner wär
doch schau ich immerzu hin und seh
ich bin nicht drauf
und ein anderer auch nicht“
(zweite notiz vom 17.10.78, dem todestag von jean améry)

Dann:
Stein verlegt.
Anhaltspunkte gestreut:
Traum, Schmerz, Spiel –
im Sprechen, Schweigen, Empfinden
inkludieren Konklusion
konkludieren Inklusionen
verbildlichen, verkörpern
Präsenz
versprachlichen
Performativität
repräsentieren
Ritualität

bilden aus, eine, die
inklusive Exklusivität
latenter Manifestationen.
Traum, Schmerz, Spiel
flüchten ins
Träumen, Schmerzen, Spielen
bedeuten, verdeutlichen
kontrahieren, konterkarieren, extrahieren
Intendiertes
verzerren, verschlüsseln, verheimlichen
Zensuriertes
transponieren, transformieren, transzendieren
Unertragenes, Unerträgliches
Ungesagtes, Unsägliches – untrüglich
geduldig, beharrlich
bizarr
offensichtlich offenkundig.
Eröffnet: Erregung, Erschütterung – Erkundung.
Geregeltes entriegelt
Inbegriff erfasster Unfassbarkeit
Konvulsion, Havarie, Inferno
explosiv, impulsiv
implosiv semantisch, suggestiv progressiv – progredient rezessiv
Illusion, Immobilisation, Impaktion
Invasionen – Imaginationen
immens erträumts hervor
additiv, demonstrativ
getarnt, der Bilderrausch
schwärmt geheimnisvoll
heimlich unheimlich gekleidet, verkleidet
ins Zweilicht aus, zwielichtig
ineinander flutend, die eingebrannten
Ahnungen, Befürchtungen, Begierden
die aufkeimenden
Dankeswertweisen, Hoffnungsschimmer, Zweifelsboten, die
Wünsche, Wahrnehmungen und Wirklichkeiten –
Zueinanderfluchterstrebendes
von Bildbewegungen und Empfindungserregungen.
Dramatisierend, dramatisch,
die Mixtur aus
beschämend Schamlosem, schamlos Schönem
aus Fantasmatischem, Realistischem
Verschleiertem, Verborgenem, Verdrängtem
Verdichtetem, Verschlüsseltem – präsent, performativ, szenisch.
Verklärungen, Verkehrungen, Verquerungen – querfeldein:
Verwehrungen, Verwerfungen, Verwachsungen,
Verschränkungen, Verschwebungen, Verstrebungen,
Verschaltungen –
texturierend, dies
Reexponieren einer Expositur, dies
Reinszenieren eines Szenariums
mosaisch, arabesk das
Präsentieren des Repräsentativen.
Vorgeführtes verdichtet im Aufgeführten
ehe die Kontraktion des
abwesend Anwesenden verankert
ihre Spannung absorbiert
ihre Spur desertiert –
als eindrücklicher Ausdruck
ausdrücklich beeindruckend –, nachdrücklich.
Nachdenklich: nach Ursache, nach Wirkung –
die Nachwirkung: ein Traumgespinst.
Das Traumgespinst.
In den Nachhall hinein, nacherzählend:
repressive Erregung, rituelles Chaos
Gedankenblitze, Gedankenstränge
Bilderströme, Bilddolenzen
dem Belauten zuleitend, zusehends zusprechend.
Laut, Laut, Laute
be-, erwortete Ab-, An-, Aus-, Zwischenlaute
dem notdürftigen Ausbruch entheimst
dem illusorischen Reizsensorium entlockt.
Intransparenz transluzierter Transparenz.
Erwortetes –
im Zwischen, zwischen Vor- und Nachlauten –
im Chaos:
in gähnender Leere klafft
aus dem Zwiespalt des Schlunds
ausblutender Ernst
hinauszwingend in den Kosmos
Überlistung des Zensurierten
inverse Konversion, konvertierte Inversionen;
im Erträumten, im Verschmerzten, im Erspielten
multilateral, kollateral –
kongenial, diese und jene Zusammenwirkungen! –
Ein Präsent:

Jandl:
„gehst du tiefen suchen,
such in dir selbst.
du kannst getrost atmen,
solang das lot fällt.

miß dich nicht an bäumen.
die sind zu groß und frei.
lieber miß dich am käfer,
den du tratst zu brei.

greif nur nach oben.
du stößt nicht an.
aber laß den fuß dort
wo er stehen kann.“
(vom gehen, messen und greifen)

Chaotisch:
Bin nun da, bin denn dann da, doch da!
Da: lokal, da: temporal, da: demonstrativ.
Da, da … da:
kausal, relativisch … mental.
Transzendental: da da, dort.
Optional optimal –
Dasein: faktisch.
Fakt: damit, dafür, dabei, dagegen
davon, dazu, dahin, daneben;
nebenbei dahingehend:
da [drinnen] –
daheim.
Heimisch, heimatlich.
Insgeheim insbesondere: allda, darnieder – damit:
einkehrend, heimkehrend – heimgehend.
Gehe fortan fort.
Ging schon, vordem.
Ging fort, von da nach da.
Spielerisch, so spielerisch, spielend, derart
aus dem Anhauch von Verlorenem
aus dem Anflug von zu Erträumendem
aus dem Aufträumen des Geträumten
im Durchscheinen das Gedankliche einräumend verbildlicht:
Zusammenwurf, Symbolon.
Dadurch:
wo und wann als auch wie,
mittendrin, verstrickt im Verworrenen:
delirierend, diffundierend
klafft
am Schlund
aus dem Zwiespalt geschoben, gezogen
zwängend drängend
den Kosmos expedierend:
Zäsur.

 

 

 

 

 

Lebe.
Denke
an Wort, Begegnung, Beziehung, Sinn, Spiel,
an Auf- und Abgänge.
In Gedanken:
vom Wort zum Bild …
zur Empfindung.
Handle:
ein Druck, ein
Schnitt, ein
Einschnitt.
Schnitt ein
in Figuration, Formation,
Matrix, Muster, Struktur –
in Schichten.
Entbindung,
Einbindung,
Ausbildung – ein Bild,
welch?! ein Bild von Hervorbildung.
Spreche.
Eine weitere Sichtweise zu sichten.
In Sichtweite: Einsicht, ein
Einlass,
Einwirkung – ein Blick, ein
Einblick.

 

 

Ein Blick in Einblicke

S T I C H T

ins Auge
öffnet das Auge,
nimmt in Augenschein,
behält im Auge, verändert den
Blickwinkel:
unbestechlich BESTECHEND.

 

 

Zwischenbemerkung

Kontusionszone: Ruhigstellung in reizloser Lage, Risiko der Gegenwirkung, Wirkung der Gegenseitigkeit, Gegenseite der Spiegelungen; die Zerrungen und Verzerrungen zwischen Dankbarseinkönnen und erhoffendem Sehnen: Mangel, Maß, Zuviel, Zufriedenheit, Zweifel. Das Leben bewegt sich, aus sich und zu sich, und bewegt in der Dimension des Zwischen. Inzwischen: die Sphäre des Zwischen ausloten und beleuchten und benennen, Zwischentöne herausfiltern und hineinlassen; auskundschaften des Leeren, der Lücken, der Räume, Freiräume, des Zeitlichen; verkörpern und besprachlichen des Spannungsvolumens: Da tänzeln und geistern die Wertwürdigkeiten, gängeln mitreißend – einmündend. Da spielt sich’s ab. – Ein Zwischenspiel(stück):

Beim Durchtanzen der Brennpunkte …

Du musst deinen Weg gehen!
Du musst dich anpassen!

Du musst dich optimieren!
Du musst dich beweisen, erweitern, kontrollieren, öffnen!

Du musst dein Leben genießen!
Du musst dich vergnügen!

Sei vorbereitet!
Sei achtsam, sei gelassen, sei spontan!

Sei immer bereit!
Sei aufnahmebereit, fantasiebereit, hilfsbereit,
sei leistungsbereit, veränderungsbereit!

Sei besonders!
Sei besonders vernünftig, besonders emotional,
besonders kreativ, innovativ, superlativ!

Sei schon: aufgeräumt, aufrichtig, feinfühlig, fleißig, geduldig!
Sei schön sportlich, stark, tapfer, tugendhaft!

Sei doch – und sei auch nicht!
Sei wie andersgleich, wie gleichähnlich – dabei ungleich anders!

Werde wie du doch noch könntest!
Werde „etwas“ Besonderes!

Bleib dir, wie du dir sein kannst!,
sei uns, wie wir uns dich wünschen wollen!

Immer in Zuversicht anerkennend:
Erkenne deiner, bekenne unser!

Du musst deinen Weg gehen!
Deinen Weg musst DU gehen.

… geistern gleichsam Gedankenfolgen.

Nota bene: notiere Notate, weitere:

Impressionszone: zwischen fließend und ruhend und Stillstand, Stille, Schweigen und Lärm, Heimlichem und Unheimlichem, Offenem, Auffälligem, Verborgenem, Geborgenem: inzwischen und dazwischen in Hülle und Fülle, inmittenhinein: zwischen Punkt und Beistrich und Strichpunkt, Detail und Ganzheit und Einheit, aktiv und passiv, fakultativ und ostentativ, pro und contra; zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, Aufwertung und Abwertung, Aufgang und Untergang, Zugang und Weggang, Anwesendem und Abwesendem; zwischen ohneeinander und miteinander, füreinander und gegeneinander; zwischen wollen und erreichen, lachen und weinen, lustig und traurig, schön und hässlich, plus und minus, hoch und tief, zwischen gesund und krank, Freiheit und Gebundensein, Friedfertigkeit und Unruhe, zwischen lauschen und hören, horchen, gehorchen; leise und laut, fluchen und beschwichtigen; zwischen verstummen und flüstern und jauchzen und schreien, zwischen bücken und strecken, liegen und schlafen und erstarren, verharren und bewegen und verkümmern; zwischen er- und bestaunen; zwischen können und nicht mehr können und nicht können; zwischen jetzt und später, echt und unecht, gern und ungern, rund und eckig, lieblich und kitschig, bogig und kantig, asketisch und pyknisch, nass und trocken, hart und weich, draußen und drinnen, offen und geschlossen; zwischen Für und Wider, zwischen den Zwischen, zwischen alldem: Ästhetik, A- und Anästhetik und Körper, Geist, Seele und Leib und Person. Zwischen weggehen und hingehen, zwischen dem Hin und Her des Sehens, Hörens, Spürens, zwischen dem etwas Dürfen und all dem Sollen und Müssen, zwischen gerecht und ungerecht, zwischen Spiel und Spielerei, Muße, Ernst, Betriebsamkeit – zwischenwesend: Furcht, Zittern, Kontrolle und Kontrollverlust und Unterwerfung, Ohnmacht und Übermacht. Zwischen Achtung und Verachtung, zwischen Hinwendung und Abwendung, Aufwertung und Abwertung, zwischen Freiheit und Abhängigkeit: Selbstermächtigung und Selbstbestimmung und Selbstverleugnung und Selbstzwang, Fremdermächtigung, Fremdbestimmung, Fremdverachtung, Fremdzwang, zwischen Verhäuslichung, Verinselung und Vergesellschaftung, Verloren- und Gefundenheit, Lange- und Kurzweile, Hülle und Fülle, Sein und Schein, zwischen Glück und Schicksal, Forderung und Verbindlichkeit und Beliebigkeit, Oberflächlichkeit und Tiefgründigkeit, Transparenz und Transzendenz, Ironie und Genuss und Verdruss, Frohsinn und Bedrücktheit und Traurigkeit, zwischen Freude und Unbehagen, Leibbesessenheit und Leibvergessenheit, zwischen dem Angenehmen und Unangenehmen, Maßvollem und Maßlosem, Mittelmäßigem und Mittelmaß, zwischen Monotonie, Polyphonie, Dissonanz und Harmonie, Dis- und Enharmonie – nun, zwischen Kraut und Rüben: die Epochen, die Kulturen, Menschen- und Mit- und Umwelt – all die Zwischenwelten. Zwischen den Polen, zwischen Polaritäten, Paradoxien, Diversitäten und Dichotomien, Ekstasen und Askesen, zwischen Räuschen und Entzügen, Zerrissenheiten und Einungen und Sicht- und Verhaltensweisen, Charakteren, Gesten, Zeichen, Ritualen, zwischen den Grenzziehungen, zwischen Errechtetem und Erkämpftem, Verantwortetem und Vertrautem, Anvertrautem und Zugetrautem, zwischen dem Tun und dem Lassen, dem Wachen und dem Träumen, Kontrolle und Kontrollverlust, Verlust und Erfolg, zwischen je und desto und sowohl und als auch: zwischen Unsereins und Andergleichen, Diesem und Jenem, zwischen Ontogenese, Phylogenese, Psychogenese, Soziogenese, zwischen Ereignishaftem und Prozeduralem, Ereignis und Prozess, dem Augenblick und dem Verweilen: auch Pausen. Zwischen den Pausen: Selbstfreundschaft und Gastfreundschaft, Rücksicht auf sich und auf Andere und auf Weiteres, Für-, Selbst-, Um- und Obsorge; Chaos und Ordnung, Detail und Einheit – zwischen den Freuden am Leben und den Verfolgungen des Lebens, Zufällig- und Hinfälligkeiten, zwischen Anfang und Ende, Himmel und Erde und unter der Erde, Licht und Schatten, Lebenswille und Vergänglichkeitsfurcht und Todessehnsucht, zwischen Gedeih und Verderb, Geworfenheit und Entwurf – die Überbrückungen: weitere Betrachtungen – als Schlupfloch – im Zufluchtsort, auch im Zukunftsort, im Zwischenraum

 

 

„Die gedankliche Beschäftigung mit dem Leben kann zu der Auffassung führen, dass zu den Zusammenhängen, die ihm Sinn verleihen, auch die Polarität gehört, dass Gesundheit ohne Krankheit, Lust ohne Schmerz, Leben ohne Tod nicht vorstellbar ist und dass im Leben sogar scheinbar Widersinniges zusammengeht, etwa die Gewissheit eines Glaubens mit dem Wissen um seine Fragwürdigkeit. Dass es nicht nur ein gewolltes Tun oder Lassen gibt, das von jemandem zu verantworten ist, sondern auch ein ungewolltes und verhängnisvolles Geschehen, für das niemand irgendwelche Verantwortung trägt.
Dass letztlich unerklärliche, unauflösbare Zusammenhänge möglich sind, mit deren Rätselhaftigkeit sich das menschliche Dasein abzufinden hat.“
(Wilhelm Schmid, Unglücklichsein. Eine Ermutigung, 83–84)

 

 

Im Refugium:
Oase der Inter-essen,
der Hinter-Fragestellungen der Daseins-Hintergründe:

Was sollte ein Ich wohl wollen können?
Was könnte ein Ich noch hoffen dürfen?
Was dürfte ein Ich durchaus tun sollen?
Was sollte das Ich denn tun hätte müssen?
Was müsste dieses Ich doch getan haben sollen?
Was wollen?
Von woher und woraufhin was für ein Wie für das Wofür?
Was ist?
Wer ist was? Wer sei was?
Wer sei wer? Wer ist wer?
Wie ist wer?
Wie ist, wer was sei?
Wie sei das Ist was?
Sei was? Sei was?
Sei wer.

Sei! [doch nur]

 

 

„Entscheidend dafür ist die Frage:
Kann ich grundsätzlich einverstanden sein mit der Polarität des Lebens,
wenn auch nicht in jedem einzelnen Fall?
Jeder muss selbst eine Antwort darauf finden.“
(Wilhelm Schmid, ebd.: 49)

 

 

Zwischenbetrachtung

In Anbetracht: das Selbst mit und in der Welt;
ein Sein, das Sein; dies Da ein Dabei- und Dafür- im Mitsein:
Mitsorge, Mitverantwortung, Mitverständigung, Mitverständnis.

Repetitorium: Zwischen Assoziation und Rede, Schrift und Bild, zwischen den Zeilen – zwischen dem Leben, dem Sterben, dem Tod, zwischen Wiege und Bahre und dem Darüberhinaus, im Geheimnis eines Glaubens – distanzieren, sich, sich gelassen gehen lassen, auch sich besinnen, entsinnen; etwas doch ersinnen, folgern, bereden; zwischen Hin- und Her-Gabe, Hin- und Hergehabe eine Art Artefakt verschlungener Gegeben- und Gewordenheiten, Gedachtem und Vorbedachtem, kreativiert und komponiert und kultiviert zum Miteinschwingen in ein Kontinuum. Zwischen all dem Belebtem, zwischen all dem Ermöglichtem möglicher Möglichkeiten – inmitten all der Seins- und Ansichtsweisen und Sehnsuchtsbedürfnisse, zumindest zwischenräumlich und zwischenzeitlich zwischenläufig, tangiert, nach Herzenslust, vom einen ins nächste zum anderen, gleich wiegleich –, weitet sich ein je zu Erwägendes: das Annehmen und Anhaben des Inmittengetragenwerdenseins, von Angesicht zu Angesicht, pulsiert, aus dem Zwischenmenschlichen dies

Zwischendurch

Eine Verschnaufpause:
einatmen … ausatmen … –
vor Augen geführt,
ins Herz geschlossen,
ganz Ohr –
… aufatmen.

Bedenkpause.

Beinahe, nein: annähernder,
ausgeschmiedet:
einwirkend und erfüllend,
ertragend und erwirkend,
das Geheimnis Heimatbildung im Heimholen –
trägt das Sehnen, füllt das Hoffen,
rührt, um und auf, berührt.
Geheimnisumwobenes einheimsend,
sich zu Herzen nehmen, wieder,
das Anteilnehmen, Anteilhaben,
das Mitteilen, das Vermitteln.
Flutend und ebbend im
Hin und Her von
Sein und Begehren,
Gewahren und Gewähren,
lichtet sich,
inzwischen
entspiegelt,
ein Ausschnitt –,
unumwunden
heilsame Bezugnahme,
dies Verweilen; mit Auswirkung auch –
abermals nun, nun auch mit
Aussicht, die

Atempause.

 

 

„Die gesamte Weite der Erfahrungen zwischen Gegensätzen vermittelt erst den Eindruck eines erfüllten Lebens.“
(Wilhelm Schmid, ebd.: 50)

 

 

Ein Blick in Einblicke

F A S S T

ins Auge

 

erfasst

augenscheinlich;

behält im Auge,
verändert den Blickwinkel:
unfassbar UMFASSEND;

fährt in die Glieder,
fährt ein, fährt hin,
hinein, hinaus … führt.

 

 

 

In Anbetracht eines Gewahrwordenseins
funkelt eine Spielart eines Zurückentwurfs,
funkelt aus glänzenden Augen Widerspiegelndes:
Ausgeleuchtetes eräugt,
Beäugtes ins Bild gerahmt.

Der Sichtweisen ansichtig,
Gesichtetes besichtigend,
zu Besichtigendes gesichtet.
Ersichtlich: Tröstliches, Tröstendes.
Getröstetes tröstet.
Getrost, inzwischen.

Im Zwischen
das bindet, birgt, bündelt, nährt, das trägt,
zwischen den vagabundierenden Hoffnungstentakeln,
im atmenden, erfüllenden Zwischen,
inmitten all der Hin- und Her-, der Gegen- und Zublicke:
eröffnend, erbauend – ein Zuruf,
schimmert hindurch – ein Lichtblick,
einer wie dieser:

 

 

 

 

 

Neuland. Eutopia.
Interveniere, distanziere
mich, Meiniges vom und zum Selbst.

Jandl:
„erwarte
von wörtern nichts
sie tun es nicht
für dich
sie kommen
gierig
überschwemmen dich
und dein papier
nicht was sie dir
antun
doch was du dem geringsten
von ihnen
angetan
kann
etwas sein“
(von wörtern)

Da – durch:
Anknüpfungspunkte versetzt.
Dann – wie, wann, wo – kam da denn doch noch auch eine Wende
ein „so, wieder einmal“ dies (Er-)Grauen bewältigen
nach unzählig vielfältigen
Wiederholungen, Rückwendungen, Fortschreitungen
irgendwie, irgendwann
wie auch immer, doch
verlässlich
Spiel, Schmerz, Traum
fortschreibend
unablässig
in unerlässlich-verlässlichem Stillschweigen
beredtes Verstummen
verwahrend Verlassenschaft
gewährend Unermessliches. – Da?
Da!

Da

nach

ach

ah

ha!

Da

naht das Ende.

Wandernd, durchwandernd –
durchwegs im Unentwegten unterwegs –,
richtet sich ein Anbeginn nach dem Zuende aus,
zieht sich dieses Hier im Jetzt auf ein Hier im Alsdann,
erspannt sich der überwerfende Anfang in die Weite eines
in sich ruhenden Tiefsinns.
All das Damals zieht sich ins Dahin,
aller Anfang bezieht sich auf ein Ende:
Schöpfung, Schaffung, Wort, Tat, Sinn,
Beziehung, Erstaunen;
Angst, Zweifel, Mut, Wille, Vorstellung, Würde –
Werdung: Sprache.
Am Anfang: die Vielfalt des Aneinander und
das Zueinander von Vielfalt – Andersheit, auch Meinheit.
Das Ende spielt den Anfang erst zu, immerhin zu.
Am Ende von Beginn an der Anfang intendiert.
Von Anbeginn an permanent pilgernd. Permanent, als
das, das eine, ein Ende nahte:

Da.

Ha!

Ah

ach

auch

da.

Da! – Da?

Konstatiere nach wie vor:
Noch immer!
Konstatiere ostentativ:
Immer, doch!
Kein Entrinnen mehr von Erinnerungen.
Penetrant: Immer! – Furios, kurios.
Immer wieder – anders.
Immer wieder – Anderes.
Gleichsam anderswie!
Gleich wie … boleresk:
im Crescendo, insistierend
im adäquat Repetitiven, als Mimetisches.
Immer wieder, wie im Refrain,
ein Versuchen zum, ein Versuchen ins Optimieren
des Desselb-Ähnlichen.
Inkonstative Konstanz:
Unwiederbringliches des ungleich Selbigen
markiert und differenziert
Markantes.
Markant:

Jeder Fall in einen Anfang erstrebt sich in die Notdurft eines Endes.
Letztendlich immanent –
sofort: So! Fort … fort … fort so … fort.
So und so wie sowieso … fort:
fortschreitend fortschrittlich … fortwährend, fortführend.
Letztendlich, somit wie immerzu jeweils von jeher anfänglich:
Denke des Bedenkens: des Dankens.
Da capo al fine: Bilderzeit, Zeitbilder –
unweigerlich (un-)entwegt
bildet Zeit zu Bildendes aus, heraus, hinein
in die Bildorte.
Tagein, tagaus
nächtens
erspüren von Begehren, Ersehnen, Verlangen,
von Verlorenem und Verlorenheit in einem Zuviel,
dem Zuviel eines Mangels.
Das Nachspüren dieses Daheimgewesenseins rührt auf.
Jedes Ein-ums-andere-Mal um ein Auffinden ersuchen,
um ein Hinfinden in jenes daheim Verborgene.
Ein Jemaliges?
Vergeblich, wie bislang jedesmal.
Der Einriss, nun: noch immer nach wie vor nicht gekittet.
Ganz allmählich, bedächtig,
erdenschwer, abgrundtief – in der Flüchtigkeit am Fluchtweg
unumgänglich: Vergänglichkeit, Verdrossenheit
Verlassenheit – ganz verlässlich.
Verlässlich unerlässlich: kosten, auskosten, verkosten,
einlassen, achtsam und wachsam,
von zu Belassenem und zu Überlassenem – sodann:
Aus der Weltmächtigkeit der Eigenfremde
in die Fremdmächtigkeit der Eigenwelt
sich einhüllen, das Umschlossene erschließen,
das Unermessliche sich aufbürden:
vom Exilium in die Enklave
Absorbtion durch Assimiliation des Territorialen
Ein- und Ausschließendes
in- und zu- und auseinander Gesintertes
befeuerter Metamorphite
gebannt aufhaltend:
noch erhalten durch, gerade noch dadurch – angehalten, aufgehalten.
Aufenthalt:
Fluchtpunkt gesetzt.
Bodenhaftung, so in etwa.
In etwa wie felsenfest.
Na, so etwas!
So, obgleich, die eingeholte Wieder-Holung zerfällt

empört sich der Ernst der Melancholie
befreit sich eine gewisse Freude, eine mit ironischem Akzent.
Aber, ohne Wiederholung –
wie im Leerlauf, ohne Widerstand –
keine Wiederkehr, kein Wiedersehen, kein wieder Ersehnen,
kein Wiedereinmal, keine Wiedergutmachung;
kein Wiederaufbau, kein Wiedereintritt, kein Wiedereinstieg;
kein Zurück;
ein wie im Fluchtversuch – ein derart Vieles ohne Widerhall, ohne Widerrede.
Kein wieder Erfahren, nur unerträgliches Widerfahren.
Wie reduktionistisch, wie finster:
Reduktionsfinsternis.
Aber, wieder erholt, nun so:
Nachhall, Reflexion, Echolotung, Echoortung.
Aussage, Frage, Erzählung – erinnernd
und erkennend und bewahrend und pilgernd.
Erfahrung erwandernd:

Jandl:
„ich was suchen
ich nicht wissen was suchen
ich nicht wissen wie wissen was suchen
ich suchen wie wissen was suchen

ich wissen was suchen
ich suchen wie wissen was suchen
ich wissen ich suchen wie wissen was suchen
ich was wissen“
(suchen wissen)

Bewandert.
Interimistisch gestrandet:
Suchen findet sich ein. Sich einfindend,
immer öfter ein Begehren in den Fragen:
Findet das Bild in das zu Erträumende?,
das Erträumte zur Benennung?,
das Benannte zur Bezeichnung?
Findet Bezeichnetes zur Antwort?,
Antwort zur Handlung?,
Handlung zum Ausweg?,
Ausweg eine Lösung?, eine Loslösung?
Fängt das Ersehnen denn endlich das Gesuchte ein?
Finden Zusammenwerdung und Zusammenwirkung einander?, auf-, zu-?
Fügt sich das Leben ins Einfinden?, ins Befinden?
Sich abfinden, dann und wann – bis zum Finden. Ja, ja!
Einlassen, einfrieden, befrieden;
intensiv, noch von subversiv noch nach inversiv et
ad infinitum – gravierend, interagierend, appellativ:
Riss, Ritze, Rille;
Spalt, Zwiespalt – Raum.
Höhe als Tiefe,
innen wie außen: Utopia.
Conditio sine qua non.

Exzessiv, in aller Aufdringlichkeit eindringlich.
Aufdrängend, insistierend:
Findet mich die Wiederholung?
Nein.
Ja! Nein. – Ja! Nein!
Ja.
Warum zelebriert die Wiederholung eine wieder Holung?,
wieder ein Auf- wie ein Einholen?
Sucht die Wiederherholung erst nach dem Auffinden das wieder Erholen?
Ersucht die Wiederholung ums Auffinden, ums Abfinden?
Sucht sich die Wiederholung heim?
Gibt sich die Wiederholung anheim?
Findet das unheimlich Gesuchte heimlich heim?
Findet sich das Gefundene des Gesuchten ein?
Fraglos Fragliches, fraglos fraglich.
Fraglich!?
(An-)Heimsuchung. Heimweh.
Fraglos.
Versuch aufzuholender Befindlichkeiten.
Nostalgie.
Nostos, algos,
Rückkehr, Schmerz –
ehe dann, interferenzial, ehedem:
nach wie vor und jedenfalls abermals
ein wieder Weitersuchen
ein sich im Weitersuchen
noch einmal verlieren werden können müssen –
ehestmöglich
Vorgefundenes die Traumbilder
zuspielt, inso-fern: wieder holt, her-holt.
Wo finde ich mich?
Traum(a)haftes – gährt, prozeduriert, imaginiert:
um zu verschmerzen – Heimat.
Ortung aus heiterem Himmel:
Das Gefühl spürt mit, die Nähe hat sich.
Repetitio: Conditio sine qua non.
Ermutigung:
mit voller Wucht ungehört,
unerhört ergreifend intensiv,
ungeahnt intensiv integrativ,
extensiv, von Sinnen berührt,
die Sinne, den Sinn erhellt.
Auch ungeheuerlich, ungeheuerlich erleichternd auch:
das Anheimgeben, das Anheimstellen.
Das gelüftete Geheimnis veranschaulicht,
in die Anwesenheit geholt, hervorgeholt.
Erholend … erholt.
Erstrahlend in Beherztheit, erwärmt, erweicht.
Wesend: Heimat – Herzstück von Erinnerung und Idee,
von Anamnesis und Ousia,
Herzstück von Erwiderung eines Wohlgesinntfühlens,
Fernweh unheimlicher Lebendigkeit.
Insgeheim: Heimat, du bist.
„Heimat bist du.“*
Bist da, Heimat, gestiftete, aufgerichtete – ausgerichtet,
„einem starken Herzen gleich“*.
Nun denn: Ja! Ja. Ja:
Da. Daheim, im Zuhause.
Leb nun wohl,
im (Sich-)Wohlfühlerleben des zu Vertrauenden und Anvertrauten,
im trauten Heim.
Sorgend, umsorgend,
bindend, bindet, verbindet,
tragend, trägt – erfasst: stärkt Zutrauen wie Vertrauen.
Somit – deshalb nun:
Im Zuhause-angekommen-Sein die Intensität des
Heimischen erfassend, einspannend, umschlingend;
etwas von Grund und Boden, Wert und Würde –
„Vielgeprüftes“, „Vielgeliebtes“* –
in Ausfaltung zur Heimwerdung.

Ausgeträumt,
die, eine, die eine
Enklave des Belebten bereist,
mit dem Bewendeten anfreundend,
dies Erleben leben. Soeben:
Eben erfahren, im
zumal wie jeweils,
auf jeweilige Weise geborgen,
im Schutzgewahrsam der Ebene.
Eben so, solange noch.
Jetzt, noch:
Immerfort, immerzu,
immerhin ins Weiterhin:
ins Maß des Erträumten –
des Schönen, des Guten, des Wahren –
eingefunden, eingebunden.
Aufgespielt, ausgespielt.
Leb wohl!
Abschreiten, abgehen, vergehen,
hinlänglich vergänglich,
das bewährt Bewahrte.
So also; also, nun denn:
Vanitas. Atopos.
Fine.

„Mutig in die neuen Zeiten.“*
Abtragung: Mauern, Ordnungen, Schranken
Durchhellung von Bebildertem
Entwirrung von Verwickeltem
das in sich gebeutelte, dennoch ereiferte Herz ergreifend
der Umwendung aufbereitend,
eine mit Hoffnung genährte Herzlichkeit
erwirkend: bewohnbar, ein-heimisch, häuslich,
gast-freund(schaft)lich so wie so;
so oder so sowieso undenkbar dankbar leben:
versöhnt, ausgesöhnt.
Im Versöhntseinkönnen, im Warteraum der Gegenwart,
erobernd Blick wie Anblick wie Gegenblick,
bei abgestimmter Anbetrachtung
hin in beträchtliches Wohlergehen:
besonnen, eingestimmt – angehörig
von Angesicht zu Angesicht, im Miteinanderbetroffensein,
im Leben das bindet, bündelt, birgt, das trägt;
naheliegend: Nähe nährt, wärmt, erwärmt – Nähe naht,
naheliegend: ein Sicheinfinden zum und aus dem Nächsten,
ein Aufgefundenwerden vom und im Nächsten.
Von Nestwärme angerührt, berührt;
eingenistet – hinein, ins Nestgeflecht.
Hinein ins Vergnügen!
Geträumt, gespielt, geschmerzt – zu Verschmerzendes verschmerzt.

Da!
Dazugehörig, wieder. Wieder angehörig.
Gehört: Das Beantworten des Befragten
im Erzählten den Zuhörenden eingebettet.
Im Du des Angesehenseins
belichtet uns im Konterfei das je Erkennende.
Im Du des Angehörtseins
durchtönt uns aus dem Gemeinsamen das je Eigene.
Im Du des Angesprochenseins
erzählt sich uns das je Persönliche.
Im Du porträtieren, präsentieren sich
Identitäten via Narration,
verdichten sich die Geschichten zu einer Geschichte.
Im Du gibt sich das Ich ein Stell-dich-Ein,
verkündet das Ich unser Wir,
bekundet dieses Wir sein Ich.
Unser Ich mit meinem Uns.
Befund fundamentalen innewohnenden Bewohnens:
beheimaten zum Geglückten,
beheimaten aus dem sehnlichst ersehnten Sehnen;
Bewegtes verstrebt zu dem Betrauten,
verbindlicht im Anvertrauten,
vertrauter und vertrauender ob des Zugetrauten;
anheimelnd, ein derartiger Weg, via.
Heimat via Heimweg –
korrespondierend, antwortend,
respondierend, überantwortend.
Perspektive qua Retrospektive via Introspektion:
via regia – Hoheitsweg.

Jandl:
„mir ist so anders
als mir war
als mir noch nicht
so anders war

wie war dir denn
als dir noch nicht
so anders war
wie eben jetzt

als mir noch nicht
so war wie jetzt
war mir ganz anders
bis zuletzt

wann war zuletzt
daß dir noch nicht
so anders war
wie eben jetzt

immer war mir
bis knapp zuvor
ganz anders
ohne übergang“
(anders)

Vade, vade-me-cum – Welt,
Welten: Selbst-, Mit-, Um-.
Und immerzu erneut pflegen, kultivieren:
legere, relegere, sorgfältig bedenken, sorgsam beachten;
ire, ire, ire, gehen, weggehen, weitergehen.
Gehen müssen, was noch und wieder gehen kann:
venire – dirigiere, delegiere, redigi[e]re;
transire, transient: redire.
Rücklebend erinnernd vorwärtsstrebend.
Io? … Rheo!
Reflexion projezierter Flexionen
abpunktiert, gekippt.
Das Tohuwabohu
anästhetisiert, moduliert, modelliert, renoviert:
Anexion qua Ästheti-cum.
Eine Spur Weg, spürbar.
Die Spur spüren.
Spüren, im Begehen.
Spüre das Gehen.
Dem Erspüren nachspüren.
Spuren.
Spuren einer Spur aufgespürt.
Spur verspürt.
Gespürt.
Gespurt, der Weg.
Der Weg, die Fährte,
weisend, hinzu und hinein, in das Feld der Befreiung:
Wegeweisendes zuwege geführt, das Eingebrachte –
eine befreiende Heimfahrt mit Weggefährten,
dies gemeinsame Bereisen mit
Ankunft: zum Lobpreis eine Preis-Gabe der
Sehn- und Sinnensuche
nach dem Sich(ein)finden
auf dem Pfad ins bergend zu beherbergende Heim.
Herzensbildung via Heimsehnen,
Herzensbindung via Beheimaten.
Vorschwebendes Tiefenselbst selbst der Tiefe entborgen.
Fantasmatisch! Phänomenal!
Aufscheinend beherbergt.
Einend. Erscheint
gewebt, geebnet … gebor(g)en: errettet.
Einung. Ist
„begnadet für das Schöne“*, ist
Zenit.

Da-raus, dahingehend:
„gelassene Heiterkeit“ (Hugo Rahner),
„heitere Wachsamkeit“ (Martin Buber),
„innerhalb von Markierungen, Wegweisern, Grenzen“ (Karen Joisten) –
„zukunftsreich“, „hoffnungsreich“*.
Da-rum – da gibt’s kein Umhin:
Seis drum!
„Gelassenheit zu den Dingen,
Offenheit gegenüber dem Geheimnis“ (Martin Heidegger).
Nun ist‘s vom Heimischwerden.
Innersehnlichste Wegspur gespurt.
Fantastische Fantasie?
Abgefahren! –
Immer wieder einmal: bahnbrechend.
Bahnen brechend.
Immer noch einmal doch wieder.
Einmal noch. Einmal!
Einmalig einen Weg bahnen …
auf diesen zugigen Zug hin spurten und sich
sputen und aufspringen.
Zügig!
Gespurt, der Weg, dieser weitere.
Auferzwungen? Aufgezwungen?
Abgerungen.
Gewunden, verwunden – von dem Sichwinden
eingebunden, nun unumwunden:
sinnlich, sinnbildlich,
das Gespür erspürt … verspürt.
Anbewegt, bewegt, ausbewegt.
Färbt ein, färbt ab,
fährt ein ... Eingefahren.
Eine Weiche gestellt – auferlegt:
Hoffnung hegen, sperare.
Ergo et: dum spiro, spero,
solange ich atme, hoffe ich.
Aufgelegt – Spiration:
In-, Kon-, Exspiration – ex.
Ausgeatmet … wann, wie, wo, wodurch.
Wofür nun, oder wozu? – Also, wie denn was, wie sowas?
Gedankenfrei, wortkarg –
nun, denn doch auch dennoch:
traumhaft, fried-fertig
insgeheim voll-endet,
orientiert, erkundet;
im Stillen:
angehört, aufgehorcht, hineingehorcht – erhört.

Jandl:
„ssso“
(Spruch mit kurzem o)

Oh!, aufgehört.
Am Ende endet das Faszinosum, das
Spectaculum.
Das Prozedurale des Introspectaculums scheint,
scheint auf: sei gewesen, ist geworden – wurde finalisiert.
Das Finale führte
die Coloraturen und Colorismen, die
Impressionen und Imaginationen, die
Intonationen und Improvisationen,
die Minimalismen und Manierismen,
Redundanzen und Rhythmen und
Surrealismen und Sfumatismen
dieses Scripulums, die
Pittoresken, Piktoresken, Assoziationen und
Eristisches und Erratisches dieser
gestaltpoetischen Kipp-Modulationen –
im crossover –
zum Endpunkt, ad finitum.
Adventus –
Ankunft im, Ende vom
Heimsehnen, im und vom
Heimsehen.
Im Fall des Falles
fallen lassen, sich;
sich gehen lassen,
es sich so derartig wie gut gehen lassen …
können – endlich!
Dem Chroniculum das Ende,
abermals das Ende eines Endes,
beschert.
Abgesetzt, die Überbrückungen, die ausgemalten,
den Schlusspunkt gesetzt.
Im Dankbarseinkönnen angekommen.
Heimgekommen.
Punktlandung:
offenbar geoffenbart,
gelobtes Land –

 

 

H E I M A T [L A N D]

 

 

Zum Schlusstakt gestoßen:
in Stein gemeißelt – das In-den-Weg-Gelegte, -Abgelegte;
den Stein erweicht – das Auf-den-Weg-Gegebene, -Mitgegebene.

 

 

Nun, bereichert,
bereichert von und in alldem,
was schon gewesen und noch gewesen sein wird.
Nunmehr steinreich, angereichert, im
Berührungspunktflächenraum, angezeigt,
aufgezeigt im Lauf des Lebens, curriculum vitae –
ars vivendi:
Mir ist‘s, mir wird‘s es sei.

 

 

Türcke:
„Heimatbildung ist eine Art
Vernarbung,
erlebte Heimat daher nie
‚rein‘, nie ‚heil‘,
aber doch oft heilend.
Ihre Vertrautheit
ist nie Versöhntheit,
aber vielleicht
deren schönster Vorschein.“

(Heimat. Eine Rehabilitierung)

 

 

Schlink:
„Die Erinnerungen machen den Ort zur Heimat,
die Erinnerungen an Vergangenes und Verlorenes,
oder auch die Sehnsucht nach dem,
was vergangen und verloren ist, auch
nach den vergangenen und verlorenen Sehnsüchten.“

Joisten:
„Der Vorgang des Entwerfens
seiner tiefen Erzählung
ist für den Menschen
niemals abgeschlossen.“

Schlink:
„Das Verständnis der utopischen
als der eigentlichen Qualität von Heimat
nimmt Heimat nichts.
Es erlaubt die individuelle Mischung von
Nähe und Distanz zum Ort,
Erinnerung und Sehnsucht,
Realität und Fantasie,
die dem notwendig individuellen
Begriff der Heimat entspricht.“

Alois Kothgasser/Clemens Sedmak:
„Der Mensch hat Heimweh nach Liebe.
Für diese Liebe tragen wir alle gemeinsam Verantwortung,
füreinander, miteinander und für das Ganze des
persönlichen und mitmenschlichen Lebens.“

Alles Für und Wider, dem Ende zu.
Zum Ende aller Anfang. Rückbindung, Einbindung, Ausbildung.

Alois Kothgasser/Clemens Sedmak:
„Eine Haltung des Gottvertrauens
macht das Leben einfach:
Im Grunde kommt es darauf an,
in jedem Augenblick zu lieben und zu vertrauen.“

Auf dem Weg der Augenblicke:
staunen, hoffen, gedulden, begehren, besinnen – danken;
Begegnung, Begleitung, Beziehung, Sinn, Wort – Spiel.

Poltrum:
„Werden wir nur dann heimisch in der Welt,
wenn wir erkennen, die Welt ist ein Spiel,
unser Spiel und das der Transzendenz?“

Zum Ende, endlich,
unendlich Unendliches –
schlussendlich wie anfangs:
Eingehen auf Konkretes, aufgehen im Konkreten –
auf ein Miteinander hin zugehen.

Hermann Hesse:
„Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne.“

Alois Kothgasser/Clemens Sedmak:
„Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne.“

Hermann Hesse:
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Alois Kothgasser/Clemens Sedmak:
„Und jeder Abschied lädt zu einem Neuanfang ein,
schafft Raum für Neues, ermöglicht eine Neuorientierung.“

 

 

In Anrede:
Ergründend: erinnern, erdenken, erträumen, erhoffen, ersehnen.
Erwägend: begegnen, begehren, begleiten, bereden, bewegen.
Erwartend: an ein überzeugtes Dafürhalten mit Zuversicht glauben.
Ein um einen Glauben wissen: Grundhaltung eines zweifellos festgelegten Vertrauens.
Eine Lese aufgelesen, eingelesen: heimelige Heimat beheimatend, als im Ganzen –
oikos, holon – belebend.
Vom Aspekt her – hic et nunc: bona fide – bene.

 

 

Dialog-Gäste:
* Österreichische Bundeshymne, Erstfassung
Buber, Martin: Der Weg des Menschen nach der chassidischen Lehre.
Gütersloher Verlagshaus, 152006
Hesse, Hermann: Stufen
Jandl, Ernst: mal franz mal anna. Gedichte. Hrsg. von Klaus Siblewski. Reclams Universal-
Bibliothek Nr. 18949, 2012
Joisten, Karen: Philosophie der Heimat – Heimat der Philosophie.
Akademie Verlag 2003 : 47, 349
Kothgasser, Alois/Sedmak, Clemens: Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne. Von der
Kunst des Loslassens.
Verlagsanstalt Tyrolia 2012 : 58, 176
Poltrum, Martin: Musen und Sirenen. Ein Essay über das Leben als Spiel. Pabst Science
Publishers 2013 : 76
Schlink, Bernhard: Heimat als Utopie. Suhrkamp Verlag 2000 : 32–34
Schmid, Wilhelm: Unglücklichsein. Eine Ermutigung. Insel Verlag 2012
Stöger, Peter: „Die religiöse Dimension von ‚Heimat‘ und Gastfreundschaft“, Vortrag in
Osnabrück im Jänner 2005, in: www.peter-stoeger.at (abgerufen am 14.04.2013)
Türcke, Christoph: Heimat. Eine Rehabilitierung. Zu Klampen Verlag 2006 : 78
Ders.: Philosophie des Traums. Verlag C. H. Beck 2008 : 18

 

 

„Der Mensch muss sich selber finden,
nicht das selbstverständliche Ich des egozentrischen Individuums,
sondern das tiefe Selbst der mit der Welt lebenden Person.“

(Martin Buber)

 

 

 

„All dies Sehnen, Suchen, Hoffen,
dem Nicht-Ort Ort zu geben in jener Bleibe,
die wir ‚Welt‘ nennen, ist Grundstein so vieler
Literatur, so vieler Gesänge, ist Grundstein der Liturgien.“


Schlussstein:
„Ist der verlorene Sohn, der ich nur zu oft mir selbst bin, heimgekehrt,
dann darf das Fest gefeiert werden.
Was? Das Fest der Heimat, von Beheimatung und Gastfreundschaft.“

(Peter Stöger)

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