Langer Peter - TheoArt-komparativ

Bilder im Unterricht

Der Einsatz von Bildern im Fach Politische Bildung/Wirtschaftskunde an der Polytechnischen Schule Hall

von Peter Langer

Einleitung

 

In unserer Zeit haben Bilder eine immense Bedeutung. Ob in digitalen Medien oder in Fernsehen und Presse, das Bild begleitet uns auf Schritt und Tritt. Überdimensionierte Werbebotschaften stürzen von riesigen Reklametafeln auf uns ein, ganzseitige Annoncen in Tageszeitungen erfahren unsere Aufmerksamkeit, großteils auch unbewusst.

Methodisch-didaktische Überlegungen zum Einsatz von Bildern im Unterricht

Kinder begreifen schon sehr früh, dass Bilder und ihre Darstellung nicht nur konkretes Dasein abbilden, sondern auch eine abbildhafte Funktion erfüllen. Für Kinder üben Bilder offensichtlich durch bestimmte Reize eine besondere Symbolfunktion aus. „Auf diese Weise erleichtern Bilder den Erwerb so genannter repräsentationaler Einsichten und bereiten den Weg für eine vielschichtige symbolische Sensitivität, die wiederum als wesentliche Grundlage für den Erwerb komplexerer Symbolsysteme, wie etwa das der Schriftsprache, gilt“ (Ennemoser & Kuhl, 2008, S. 11 ff.). Schülerinnen und Schüler können sich Gesehenes besser merken als Gehörtes, weil sie Reize von außen hauptsächlich durch den visuellen Kanal aufnehmen. Wenn man das als Lehrperson weiß und geschickt anwendet, findet man durch die Verwendung von Bildern bessere Zugänge zu den zu Unterrichtenden und kann es dadurch schaffen, sie für Themen zu interessieren, die zuvor nicht in ihrem Fokus standen. Bilder eignen sich nicht nur zum Diskutieren, sondern können auch als Schreibanreiz dienen. Bilder lenken die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler auf bestimmte Sachverhalte und können die verschiedensten Unterrichtsinhalte veranschaulichen und verdeutlichen. Gelingt es, bei der Vermittlung von Lehrinhalten Bilder im Kopf der Lernenden entstehen zu lassen, erleichtert dies erwiesenermaßen das Reproduzieren des Erlernten. Neben dem kognitiven Aspekt werden durch Bilder auch die emotionalen Bereiche in uns angesprochen (siehe dazu Ausführungen zum Projekt weiter unten). Den Schülerinnen und Schülern eröffnet sich ein In-Sich-hineinschauen und auch für die Lehrperson kann sich ein anderer Blick auf die Lerngruppen ergeben.
Ziel der methodischen und didaktischen Anstrengungen jeder Lehrperson im Unterrichtsfach „Politische Bildung und Wirtschaftskunde (PBW)“ sollte sein, Bilder in all ihren Varianten einzusetzen. Seien dies nun Plakate (z. B. Wahlplakate), Portraits (z. B. von Politikern), historische Abbildungen (z. B. die Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955) oder Karikaturen. Obwohl diese in den meisten aktualisierten Lehrbüchern zum Einsatz kommen, sind sie in den derzeit verwendeten Schulbüchern für die Polytechnischen Schulen nur äußerst selten zu finden. Das aktuelle Lehrbuch „Politische Bildung und Wirtschaftskunde“ für die PTS Hall (Auflage 2006) trägt das Erscheinungsbild der 1970er Jahre und genügt daher leider nicht den Ansprüchen an modernes Bildmaterial im Unterricht.
Auch heute ist Schule überwiegend eine Schule der Schrift. Das Bild spielt im Unterricht an der Polytechnischen Schule Hall - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle.
Das Schulsystem hat sich (noch) nicht tiefgründiger auf die bildlichen Vermittlungsmöglichkeiten eingelassen. Die Schriftlichkeit überwiegt. Das Bild dient nur zur Ergänzung. Für den Pädagogen bedeutet dies, dass die Schule, so wie sie die Kinder und Jugendlichen lehrt, Texte zu schreiben und zu lesen, auch bemüht sein sollte, das Sehen von Bildern zu lehren. Man spricht dabei von pädagogischer Ikonologie und Ikonographie. Die Ikonologie ist ein zentrales, aber von der Ikonographie nicht eindeutig ablösbares Charakteristikum der Kunstgeschichte. Es ist die Lehre vom Inhalt und von der Bedeutung des Dargestellten. Bei der pädagogischen Ikonographie geht es hauptsächlich um die Beschreibung, Form- und Inhaltsdeutung von alten und neuen Bildwerken mit pädagogisch relevanten Motiven. Beiden gemeinsam ist die Frage nach den pädagogisch bedeutsamen Bildaussagen.

Der konkrete Einsatz von Bildern im Fach Politische Bildung/Wirtschaftskunde an der PTS Hall

Wenn Lehrerinnen und Lehrer Bilder in ihrem Unterricht einsetzen (wollen), müssen sie sich bewusst werden, dass sie die Schülerinnen und Schüler aus der alltäglichen Umgebungswahrnehmung herausnehmen und ihre Sicht auf ein konkretes Bild lenken müssen. Aufgrund der vermehrten Ablenkung durch verschiedene Bildreize (z. B. durch den ständigen Gebrauch elektronischer Medien) stellt es eine zunehmende Herausforderung für Lehrpersonen dar, Schülerinnen und Schüler auf ein einzelnes Bild zu fokussieren. Wie also Bilder in der didaktischen Arbeit eingesetzt und verwendet werden, ist gut zu planen. Folgende Fragen drängen sich somit auf:

  • Mit welchem Medium gelingt es am besten, die Schülerinnen und Schüler auf das Bild aufmerksam zu machen (OH-Folie, Internet, Poster, Bild in einem wissenschaftlichen Buch, eine Nachbildung des Originals)?
  • Wie gelingt es, die Aufmerksamkeit der Gruppe von der Umgebungswahrnehmung auf das Bild zu lenken?

Um diese Fragen im Schulalltag zu ergründen, führte der Autor ein Projekt zum Thema „Der konkrete Einsatz von Bildern im Fach PBW“ an der Polytechnischen Schule Hall durch. Aus vorangegangenen Untersuchungen war dem Autor bekannt, dass das Interesse der polytechnischen Schülerinnen und Schüler an politischen Themen, abhängig von ihrem Alter, sehr unterschiedlich ist. Wie bereits erwähnt, muss man sich als Lehrperson ganz genau überlegen, wie es tatsächlich gelingen kann, mit dem gezielten Einsatz von Bildern die Jugendlichen für PBW stärker zu interessieren. Hierzu muss ergänzend festgehalten werden, dass die dafür notwendige Bildlesekompetenz bei Lernenden und ebenso bei vielen Lehrenden fehlt.
Geschichtliche Ereignisse sind für junge Menschen deshalb oft schwer „begreifbar“, weil diese keinen Bezug zu ihrer Lebenswelt haben. Daher ist es notwendig, geeignete Mittel zur Verfügung zu stellen, um ihnen Politik im Laufe der Geschichte möglichst unter Bezug zu ihrer eigenen Lebensgeschichte zu vermitteln. Bilder können eben auch direkten Einfluss auf Verhalten und Motivation im Unterricht bewirken, vor allem wenn diese Emotionen hervorrufen. Zusätzlich bietet die Verwendung von Bildern die Möglichkeit, die quellenkritischen Fähigkeiten, die für das Verstehen von historischen Zusammenhängen und Erkenntnissen wichtig sind, zu erlernen. Krammer (2002, S. 4) sagt dazu: „Reflektiertes Geschichtsbewusstsein bedeutet auch, sich der Wirkmächtigkeit von Geschichte in der Gegenwart bewusst zu sein und zu begreifen, wie sich Geschichte selbst auf Grund ihrer Funktion bei der Legitimation politischen Handelns oder durch Indienstnahme für spezifische Absichten wandelt, wie sie modifiziert oder neu geschrieben wird.“
Für die Lehrperson bedeutet dies, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler – ihrem Alter entsprechend – zu einem kritischen Umgang mit Geschichte und Politik befähigen muss. Der gezielte Einsatz von Bildern (unbewegten und bewegten) im Unterricht soll dies unterstützen.

Das Projekt

Die Zeit für die Durchführung des Projekts an der Polytechnischen Schule Hall (PTS), das der Autor des Artikels selbst durchführte, war auf fünf Unterrichtsstunden – ohne Vorbereitung – beschränkt, wobei die Möglichkeit der Verlängerung einplant war. Wichtig war und ist vor allem auch für die Schülerinnen und Schüler, dass sie über den zeitlichen Rahmen von vornherein Bescheid wissen. Dadurch ist es für alle Beteiligten leichter, die anfallenden Aufgaben zu koordinieren und termingerecht zu erfüllen. Die Gruppengröße und die Gruppenzusammenstellung oblagen dem Autor und wurden bereits im Vorfeld fixiert.
Um an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler anzuknüpfen und nicht gleich direkt fachliche Inhalte zum Thema Politik anzusprechen, oder besser gesagt „bildlich“ den Fokus darauf zu richten, hat der Autor als Projektleiter die Jugendlichen zuerst mit realen Bildern aus ihnen bekannten Arbeitswelten konfrontiert. Der erste Arbeitsauftrag bestand darin, dass jede Schülerin und jeder Schüler zur ersten Projektstunde ein Foto mitbringen sollte, das im Laufe der berufspraktischen Woche in einem Lehrbetrieb aufgenommen wurde. Die Abbildung sollte einen Lehrling in einer für seinen Beruf typischen Arbeitssituation darstellen. Durch die gezielte Bildbeschreibung und konkrete Auseinandersetzung mit den verschiedenen Ber ufsbildern sollten die Schülerinnen und Schüler dafür sensibilisiert werden, dass sich der gesellschaftliche Stellenwert der Demokratie nicht nur in den Freiräumen des Privatlebens, sondern eben auch in der Arbeitswelt widerspiegelt. Neben der konkreten Beschreibung des Arbeitsumfeldes wurden vor allem auch Arbeitszeiten und Entlohnung diskutiert.
In einem zweiten Schritt wurden Filmsequenzen aus verschiedenen Kontinenten zu den dort herrschenden Arbeitsbedingungen vorgeführt. Im krassen Gegensatz zu den selbst mitgebrachten Bildern sahen die Jugendlichen Ausschnitte aus dem Film „Workingman´s death“ von Michael Glawogger. Im Anschluss daran wurde von den Schülerinnen und Schülern herausgearbeitet, dass sich die Arbeitsbedingungen in anderen Gesellschaften deutlich von denen in Österreich unterscheiden. Im Laufe des Projekts wurde den Jugendlichen zudem verdeutlicht, dass sich die politische Situation in den gezeigten Ländern gänzlich von der demokratischen Lebenswelt in Mitteleuropa unterscheidet. Auf der einen Seite sieht man einen österreichischen Kfz-Techniker-Lehrling in einer wohltemperierten Werkstatt, der an einem Auto die Bremsen repariert, auf der anderen Seite junge Männer, die in 40cm hohen Höhlengängen in aufgelassenen Kohlebergwerken in der Ukraine die für den eiskalten Winter notwendige Kohle illegal abbauen. Die intensive Beschäftigung mit dem jeweiligen Bildmaterial sollte den Jugendlichen näher bringen, dass das politische Geschehen direkten Einfluss auf die Gesellschaft allgemein und auf die Arbeitswelt im Speziellen hat.
Wie bereits oben erwähnt, muss an dieser Stelle noch einmal festgehalten werden, dass durch Bilder, unabhängig von der Art (unbewegt oder bewegt),
beim Betrachter Emotionen hervorgerufen werden. Die Betroffenheit, die die Filmausschnitte bei den Schülerinnen und Schülern auslösten, wurde in den anschließenden Diskussionen deutlich sichtbar. Jedes Bild hat eine bestimmte Aussagekraft. Da Jugendliche wie Erwachsene trotz der Vielschichtigkeit von Bildaussagen Bilder „eindeutig“ identifizieren möchten, muss der Unterricht auf diese Eindeutigkeit setzen. Im Unterricht kann es aber eben auch zu voreiligen Auffassungen und Auslegungen kommen. Der Schüler/die Schülerin kann vom genauen Hinsehen abgelenkt werden, wodurch ein besseres Verständnis des Bildes erschwert wird. Aus diesem Grund spielt auch beim Einsatz von Bildern im Unterricht eine konzentrationsförderliche Lernumgebung eine wichtige Rolle. Weiters muss beachtet werden: Bilder sind immer nur ein Ausschnitt aus einem Ganzen, aus einer umspannenden Realität. Dies muss die Lehrperson den Schülerinnen und Schülern klar mitteilen. Das Bild ist ein Teil vom Ganzen. Um die Bilder in ihrer Vielfältigkeit zu verstehen, ist es notwendig genau hinzusehen, um die gesamte Botschaft zu erfahren, zu begreifen. Für den Autor hat sich ganz deutlich gezeigt: Bilder brauchen Zeit. Vielfach nimmt man sich als Lehrperson diese Zeit aber nicht, und so werden Bilder zu einem Motivationsanreger am Stundenbeginn degradiert. Im Projektverlauf hat sich gezeigt, dass das geplante Zeitausmaß von fünf Unterrichtsstunden für die Erarbeitung der gewünschten Zielsetzung ausreichend war.

Zusammenfassung der Grundsätze, die bei der Verwendung von Bildern im Unterricht unabdingbar sind (die Reihung ist nicht wertend):

  • Die Auswahl des Bildes muss genau überlegt werden.
  • Der Fokus sollte auf didaktisch wertvolle Bilder gelegt werden, damit eine Konzentration aufs Wesentliche möglich ist.
  • Vorschnelle Deutungen der Bilder durch die Schüler müssen vermieden werden.
  • Für das Einlassen auf Bilder muss genügend Zeit eingeplant werden.
  • Schülerinnen und Schüler sollten genau angeleitet werden, wie sie sich Bildern annähern sollen. (Bildlesekompetenz)
  • Bilder sollten nicht nur als Einleitung für einen Stundenbeginn dienen.
  • Bilder können die Wirklichkeit nicht objektiv abbilden. Schülerinnen und Schüler sollen wissen, dass Bilder Interpretationen der Wirklichkeit sind und immer einen Ausschnitt der Wirklichkeit darstellen und nicht die Wirklichkeit selbst.

Ergebnisse des Projekts

Die rege Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler während der gesamten Projektdauer hat sich wesentlich von den vorangegangenen Unterrichtsstunden unterschieden. Dies lässt darauf schließen, dass die eingesetzten Bilder und Filmbeiträge passend zur Lebenswelt der Jugendlichen gewählt wurden. Die intensiven Diskussionen trugen dazu bei, dass von den Jugendlichen selbst politische und gesellschaftliche Zusammenhänge erkannt wurden. Unterschiedliche politische Systeme bedingen unterschiedliche Arbeits- und Lebenswelten. Die Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, war Ziel des Projekts und ist aus Sicht des Autors gut gelungen. Bei Schülerinnen und Schülern soll schon früh Interesse für die verschiedensten Themen geweckt und eine Diskussionskultur gelehrt werden. Dies scheint durch den Einsatz von Bildern, die an die Lebenswelt der jungen Menschen anschließen können, zu gelingen. Der Faktor Zeit spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. In der aktuellen Lehrerausbildung an Pädagogischen Hochschulen stellt der Erwerb der Bildlesekompetenz einen fixen Bestandteil dar.
Abschließend sei noch bemerkt, dass es wichtig wäre, bereits länger im Dienst befindlichen Lehrpersonen ein Fortbildungsangebot zur Verfügung zu stellen, das sie zum gezielten Einsatz von Bildern zur Unterrichtsgestaltung befähigt.

 

Literatur

  • Ennemoser, M. & Kuhl, J. (2008). Die Bedeutung von Bildern aus entwicklungspsychologischer Sicht. In G. Lieber (Hrsg.), Lehren und Lernen mit Bildern. Hohengehren: Schneider-Verlag.
  • Krammer, R. (September 2002). Reflektiertes Geschichtsbewusstsein als Ziel des Geschichtsunterrichtes. Was tun in der Praxis? (Nicht ausgearbeitetes Manuskript für ein Referat, gehalten am Österreichischen Historikertag in Salzburg). Abgerufen am 23. Dezember 2015 von http://www.erinnern.at/bundeslaender/wien/startseiten-aliases/wien/bibliothek/dokumente/212_Krammer-ReflektiertesGeschichtsbewusstsein.
    rtf/view
  • Langer, P. (2014). Bilder im Unterricht: der Einsatz von Film und Fotografie im Fach Politische Bildung/Wirtschaftskunde als Motivation für Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule. Begünstigende und hemmende Faktoren für den Unterricht mit 14-15-jährigen Schülerinnen und Schüler. (Nicht veröffentlichte Dissertation). Universität Innsbruck, Österreich.
  • o. A. (2012): Studienseminar Koblenz. Wahlmodul. Abgerufen am 28. Dezember 2015 von http://www.zweigstelle.studienseminar-koblenz.de/medien/wahlmodule_unterlagen/2012/388/01%20Bildverstehen%202012.pdf

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